Manipulatives Marketing – worauf es basiert, wie du dich schützt – und was du davon lernen kannst

Vielleicht wunderst du dich über meinen Titel bzw. den letzten Teil davon. Was können wir von manipulativ arbeitenden Marketern lernen? Zuerst mal: Hier geht es um eine menschliche Basis – auf keinen Fall möchte ich dich zur Manipulation anregen noch heiße ich sie gut!

Wenn du so tickst wie ich, willst du ohnehin nicht manipulieren, generell ist „Verkaufen“ für dich wahrscheinlich erstmal kein angenehmes Thema.

Aber nachdem ich soooo viele komische Dinge im Online-Marketing sehe, wollte ich das einmal näher betrachten und darüber nachdenken.

Was genau ist eigentlich „Manipulation“?

Inwiefern ist denn Werbung an sich bereits eine Manipulation – oder ein Copywriting? (Dies ist der englische Begriff für Werbe- und Produkt-Beschreibungstexte, für den es eigentlich keine wirkliche Übersetzung gibt.) Schließlich benötigen wir alle solche Texte.

 

Was ist Manipulation im Marketing?

Wann ist es manipulativ – und wann ist es überzeugen? Müssen wir überzeugen – oder wie geschehen Kaufentscheidungen? Wie viel bringen rationale Argumente?

Von Manipulation spreche ich dann, wenn jemand bewusst Aussagen schönt, gezielt Informationen verschweigt oder falsch darstellt, oder enorm Druck aufbaut und mit rein psychologischen Mitteln arbeitet, die sich nicht um den Mehrwert eines Angebots drehen.

Und dies mit der Absicht geschieht, vom Betroffenen Geld zu bekommen, wofür sich dieser unter „ehrlicheren“ Umständen nicht entschieden hätte. Z.B. mit mehr Zeit oder Rücksprache mit anderen Personen.

Man könnte auch sagen: wenn der Marketer mehr davon hat als der Käufer bzw. Kunde, es also um einen einseitigen Vorteil geht.

Die High Price Masche

Dabei gibt es natürlich Zwischentöne bzw. extreme Ausprägungen: bei der so genannten „High Price Masche“, wo man angeblich nichts können muss, und von allein Geld generiert, geht es (normalerweise, der Begriff ist wie Vieles im Marketing nicht fix) um einen gezielt manipulativen Verkaufsleitfaden für eine Gesprächsführung.

Doch außer dem Leitfaden für das manipulative Gespräch an sich gibt es keinerlei Inhalt oder Mehrwert. Der Kaufende wird selbst „Opfer“ eines Gesprächs, zahlt danach eine größere Menge Geld (ab 2.000€, teils aber auch 10.000€ oder noch mehr) und erhält dafür: den Leitfaden (den er grad am eigenen Leib erlebt hat).

Nun ist er seinerseits verpflichtet, wenn er auch Geld machen will, ebenso wieder andere Leute dazu zu bringen, ihm Geld zu geben. Also: Werbung schalten, großes „Geheimnis“ um die grandiose Methode machen, Leute ins Erstgespräch holen und Geld abknöpfen.

Im Grunde ein klassisches Schneeball-System. Nun könnte man argumentieren, dass ja auch die Käufer damit entsprechend Geld machen, also Vorteile davon haben.

Ich zähle aber auch all jene „Angebote“ da draußen zu den „schwarzen Schafen“, die keinerlei sinnigen Mehrwert stiften – und nicht umsonst sind Schneeball-Systeme eigentlich verboten! Die Wachstumskurve verläuft exponentiell, wie viele „Kunden“ gebraucht werden – im Klartext: die Systeme können nur wenige Runden funktionieren.

Nichts können, schnell reich werden – der „Klassiker“

Du siehst am Markt eventuell selbst ständig solche Angebote, wo du angeblich nichts können musst und schnell reich wirst. Inzwischen habe ich viele Berichte gehört, immer wieder unter der Hand, von vielen hoch Verschuldeten, die drauf rein gefallen sind (nun ja – mir ist selbst nicht ganz klar, warum jemand wirklich glaubt, bloß weil man online ginge, müsse man nichts können und würde dennoch reich…).

Ich nehme an, dass mehr Menschen unter ihrem aktuellen Job leiden oder nie wirklich ihre wahren Potenziale entdeckt haben, und sich mit so etwas dann „die große Freiheit“ erhoffen. Es ist schon traurig. Ich habe aber auch schon von solchen gehört, die damit Geld machen – scheinbar ohne Gewissen.

Schauen wir uns an, welche Mechanismen genutzt werden – und warum diese erstaunlicherweise immer noch funktionieren!

Die Psychologie hinter der Manipulation

Menschen, die nichts Echtes zu geben haben (bzw. hätten sie sicher, aber irgendwie spüren sie dem nicht nach…), oder nur ein sehr schlechtes Produkt haben, besitzen keine echten Argumente für ihre Sache. Das ist klar. Dadurch gibt es keine wirkliche hohe echte Nachfrage, und dann geht die Trickserei auch schon los.

„Das große Geheimnis…“ und: „Zeig den Reichtum“

Wirklich der Klassiker, offenbar immer noch funktionierend.

Hier wird – um nichts – ein wahres Riesen-Geheimnis gemacht. Du erfährst nicht, worum es geht oder was das Angebot eigentlich ist.

Du hörst nur: „Mit dieser geheimen Methode“, oder: „so in ganz Deutschland noch nicht veröffentlicht…“. Die Anbieter bauen eine Art Machtposition auf, eigentlich wie bei kleinen Kindern, die tuscheln.

Die, die tuscheln, schließen den andren aus. Und der will unbedingt wissen, worum es geht. Die, die das Geheimnis kennen, werden plötzlich insofern begehrenswert. Ist schon witzig, dass das immer noch so gut zieht 😉

Hierzu gehört eigentlich immer auch das Präsentieren von unglaublich tollen Ergebnissen, ohne Details, wie man da hinkam. Irgendjemand erzählt dir eine wahnsinnige Erfolgsstory. Wie Tausende über Nacht verdient werden. Fotos vor Villen und dicken Autos und mit Gucci-Handtäschchen.

Du willst endlich zum Kreis der Erleuchteten und natürlich Reichen gehören! Der einzige Weg dorthin ist aber die Anmeldung zu einem – oh wie toll! Gratis – „Strategiegespräch“. Oder einer „Durchbruch-Session“. Und solche Namen mehr werden eingesetzt.

Was bist du nicht für ein Glückspilz, dass du eingeweiht wirst – für umsonst! Also gleich mal dort anmelden… die Plätze sind ja total limitiert.

Fazit und Tipp zur Methode „großes Geheimnis“

Wer erwartet dich am anderen Ende? Entweder ist es der Anbieter selbst mit seinem wirklich krassen Verkaufsgespräch, oder die Größeren setzen auch speziell geschulte Verkäuferteams ein. Diese bekommen ihr Geld nur, wenn sie verkaufen, sie arbeiten rein auf Provision. Stehen somit selbst unter Druck, und der wird – garantiert – jetzt auf dich ausgeübt. Um dich oder deine Strategie geht es nicht, die Abwicklung ist hoch standardisiert.

Die Transparenz gibt es absichtlich nicht – wann immer dir nur Ergebnisse präsentiert werden und rein gar nichts über irgendwelche Inhalte oder die Methode verraten wird – lass einfach die Finger davon. Und sobald etwas geheimnisvoll dargestellt wird, schalte bitte dein Alarmsignal an.

Tipp also: wenn dir Fürs und Wieders oder bereits Schritte der Methode verraten werden, wenn du darauf hin gewiesen wirst, dass du auch etwas wirst tun müssen, wenn jemand dich am Telefon gezielt nach DEINEM Business und DEINEN Kunden befragt, wenn es um Inhalte geht statt nur ums große Geld, dann bist du eher an seriöse Anbieter geraten. Wahrscheinlich ist dir dies klar, hoffe ich.

Werfen wir noch einen Blick auf diesen Leitfaden, worum es dabei geht – und gehen dann von diesem doch Extrem zu den „kleineren“ Manipulationen.

Der Gesprächsleitfaden bzw. das manipulative Gespräch

Eines der krassesten Druckmittel wird am Ende des „Strategiegesprächs“ eingesetzt – du musst dich SOFORT entscheiden, sofort buchen und zahlen, sonst ist deine großartige einmalige Chance weg. Das ist Absicht, denn bei längerem Drüber-Nachdenken merkst du schon, dass du hier komisch beeinflusst wurdest und denkst wieder klarer, machst dir Argumente bewusst.

Es kann sein, dass du bereits zu Beginn gefragt wirst: „Du bist doch jemand, der Entscheidungen treffen kann? Also stimmst du mir zu, dass wir am Ende auf ein klares Commitment von deiner Seite kommen, und nicht irgendwas Halbes?“

Einen Vertrag oder beschriebene Inhalte gibt es oft nicht…

Ansonsten sind die Mittel breit gestreut, die Durchführenden werden geschult, wie sich dich „nicht aus der Zange“ lassen: es wird z.B. erst extrem kumpelhaft, dann plötzlich wie der strenge Schwiegervater gesprochen, auch in schnellem Wechsel. Mitunter auch sogar geschwiegen, sobald du kritische Fragen stellst. Oder nur tief geseufzt, was dann deine Selbstzweifel anregen wird.

Bald schon merkst du, welche Art von Fragen oder Aussagen von dir „unerwünscht“ sind und psychologisch bestraft werden, was das erwünschte Verhalten ist. Und du beginnst, dich danach zu richten, meist unbewusst. Wir alle wollen sozial gefallen.

Es wird generell nicht um dich, die Inhalte deines Business, auch nicht um Marktchancen oder gute Kunden gehen. Es geht jedoch viel um reich sein, viel Geld machen.

Du wirst u.a. gezielt aufgefordert, dir deinen Reichtum und deinen zukünftigen Besitz, deinen Wohnort oder Reisen auszumalen. Es geht um deine Wünsche nach Freiheit und wie du das endlich alles bekommen wirst.

Auf der einen Seite also werden „geheime“ Wünsche an die Oberfläche geholt, die wir wohl alle irgendwo haben. Dir wird in Aussicht gestellt, wie leicht und großartig es sein wird, dies zu erreichen und zu haben.

Es geht ohnehin viel ums Haben, nicht ums Werden oder was du dafür sein oder tun musst (das ist auch schon der KLARSTE Fingerzeig, neben der Tatsache, dass du dich SOFORT entscheiden musst).

Ängste, Unsicherheiten und Schuldgefühle

Grundsätzlich werden kritische Anmerkungen immer so gedreht, dass du anfängst, dich in Frage zu stellen. Tiefere Ängste und Unsicherheiten, die in nahezu jedem von uns schlummern, und teils aus der Kindheit kommen, werden gezielt getriggert.

Dein fehlender Selbstwert wird genutzt (und wer hat den felsenfest?), oder Dinge, die du dir ohnehin vorwirfst, wie dass du bisher zu langsam seist oder dergleichen mehr. Wenn du Zweifel äußerst, bist du entscheidungsschwach. Es werden bewusst Schuldgefühle provoziert, wenn du ausweichen möchtest… „Siehst du jetzt, wie du dir eigentlich selbst im Weg stehst?“.

„Hey, ganz viele andere mit deinem Problem XY haben es schon geschafft – wie lange willst du noch warten, und all den anderen das Feld überlassen?“ „Oh sorry, wenn ich dir jetzt vor Augen geführt habe, was Sache ist. Ich rede einfach Klartext – das stört dich doch nicht?“ „Du willst doch endlich voll auf Erfolgskurs kommen, oder?“. „Du verschwendest hier eigentlich unsere Zeit.“

Jetzt kommt das wirklich Gemeine dabei. An all diesen Dingen ist immer irgendwie etwas Wahres dran! Deshalb sind diese Punkte ja auch so mächtig, mitunter.

Ja, unsere Selbstzweifel blockieren uns. Ja, wir können uns selbst im Weg sein. Irgendwie wissen wir das auch, und wenn es jemand auf die Art nutzt, dann wollen wir zeigen, dass wir DOCH die Stärke haben, da auszubrechen. Im GRUNDE also stimmt das schon, dass wir diese inneren Grenzen überkommen müssen.

Ich sage nur: wenn es so läuft, dann wirst du hinterher nur leider kein liebevolles Coaching erwarten dürfen. Hier sitzt ein Verkäufer, der einen Verkaufsabschluss haben will und dafür sein Geld erhält. Kann sein, dass er selbst sogar meint, er täte dir was Gutes, wenn er dich endlich „hervor lockt“. Ich habe da mal ein Interview mit so einem Verkaufsteam gesehen, und die fanden das gut so…

Ich denke, du darfst dich auf deine Intuition verlassen. Es fühlt sich IMMER irgendwie komisch an, manipuliert zu werden. Da ist dieses Bauchgefühl… Du kannst spüren, wie dein Gegenüber tickt. Bei sinnvollem Coaching wirst du Bedenkzeit haben, und vor Augen geführt bekommen, was das Programm beinhaltet – und was du bereit sein musst, dafür zu TUN.

Willst du mehr wissen und lesen, welche Fragen und Aussagen in den Gesprächen zum Einsatz kommen?

Die Methoden sind bereits detaillierter veröffentlicht, lies z.B. hier: https://stefanheusinger.de/copywriting-manipulative-marketing-methoden-und-psychologische-tricks-erkennen/

Ich will mich hier gar nicht länger aufhalten. Schon beim Schreiben geht meine Energie runter, und ich setze meinen Fokus lieber aufs Gegenteil… wie wir SEIN können, um wirklich echt und erfolgreich zu werden. Schauen wir dennoch die „kleineren“ Manipulationen an, die alle nicht direkt weh tun, aber bei sehr ehrlichen Seelen auch schon immer komische Gefühle auslösen.

 

Limitierte Plätze, limitierte Zeit zur Buchung

Tatsächlich gibt es bei live-Webinaren (= online Workshops mit mehreren, einer trägt vor und zwar real zur selben Zeit vor der Kamera) begrenzte Plätze. Weil die Systeme das nicht hergeben, bzw. mehr Teilnehmer mehr kosten, ist z.B. 100 oft eine Grenze.

Bei allem anderen – bei solchen „Strategiegesprächen“, „Durchbruch-Calls“ und wie die nicht alle heißen, und bei automatisch ablaufenden Webinaren mit Video gibt es keine echte Limitierung, die wollen haben, was geht. Sie zahlen ja auch Geld für ihre Anzeigen, und das wollen sie zigfach wieder rein holen!

Die Angst, etwas zu verpassen

Der Timer, der dir meist eingeblendet wird – nach dem Motto „du hast nur 10 Minuten für deine Anmeldung, sonst ist dein Platz weg!!“ – ist totale Show… Gibt es für jedes Website-System. Ist einfach nur eine Komponente, die runter zählt. Ist ÜBERHAUPT NICHT MAL mit der Terminbuchung verbunden.

Angebliche Limitierung von Plätzen und Zeit baut einfach mehr Druck auf dich auf und erhöht deine „Angst etwas zu verpassen“ noch mehr.

Aber es gibt doch Formate mit limitierten Teilnehmern? Ja!

Workshops, echte gute Workshops und Ausbildungen können natürlich begrenzte Plätze haben. Wenn sie mit live-Komponenten und Rücksprachen gemacht sind. Ein reiner Online-Kurs, nur mit Videos, hat per se keine begrenzten Plätze, ergo kannst du eigentlich leicht beurteilen, ob das Argument stimmt oder nicht.

 

Limitierte Buchungszeit bei großen Launches: mach JETZT mit

Interessant ist das Thema „Launch“. Das ist auf Deutsch gesagt ein Produkteinführungs-Prozess. Du planst dabei, mehrere Wochen bis Monate im Voraus, deinen z.B. Online-Kurs oder Gruppen-Kurs oder Reise oder was auch immer zu verkaufen.

Einen solchen Prozess kannst du dann nutzen, wenn du mehrere Kund*innen auf einmal gewinnen möchtest, und nicht einzelne irgendwann. Es beginnt meist mit gezielten Werbeanzeigen, du erstellst Inhalts-Schnipsel, sammelst deine Interessenten (z.B. in einer eMail-Liste oder einer Facebook-Gruppe oder anders). Wärmst sie dort an, wie man so schön sagt. Und dann verkaufst du irgendwann.

Am Anfang wird überhaupt nicht gesagt, was das Angebot genau ist. Sondern du gibst Inhalte raus, damit Menschen dein Thema und dich kennenlernen können. Erst, wenn sie mehrfach von dir gehört haben, und immer noch in deinem „Sammeltopf“ sind, dann machst du irgendwann überhaupt erst auf dein Angebot aufmerksam, machst eine Info-Veranstaltung dazu. Und danach wird erst verkauft.

So weit, so klassisch. Auch nicht besonders manipulativ, so läuft das einfach ganz gut! Daran will ich nichts bekriteln, ich will nur auf den Punkt des begrenzten Verkaufs kommen.

Nach Ankündigung deines Verkaufs gibt es nur ganz wenige Tage, an denen dein Angebot zu haben ist. Dies folgt einer eher psychologischen als organisatorischen Maxime – erst sollen die Interessent*innen maximal „angewärmt“ werden, „scharf sein“ sozusagen auf dein Thema.

Und dann müssen sie sich flott entscheiden, der Zeitraum, wo sie mitmachen können, läuft ja aus! Und dann wollen sie ENDLICH loslegen dürfen.

Man geht dabei davon aus, dass Menschen unbedingt ein Argument brauchen, warum sie sich JETZT für dein Angebot entscheiden sollen, sonst sagen sie sich: ach später mal.

(Aus dem gleichen Grund gibt es automatisierte Webinare! Da wird einfach nur ein Video abgespielt. Könnte man ja genauso auf YouTube laden. Aber mit der Vergabe von „Terminen“ und einem Anmelde-Prozess wird der Eindruck erweckt, dass es das vielleicht bald nicht mehr gibt, also schaut man es sich eben jetzt an.

Gut, und man will meistens die Mail-Adresse dabei abgreifen als Veranstalter und dann zu einer Folgehandlung einladen. Was mit einem Webinartool noch etwas präziser geht als z.B. in YouTube.)

Im Grunde gibt es aber tatsächlich keinen realen Grund, den Zeitraum für einen Verkauf nur ein paar Tage lang zu machen. Das Ende steht fest, wann du mit einem begleiteten Kurs loslegen willst, ok. Aber für den Start gäbe es ja keine echte Begrenzung…

Jetzt kommt das Problem: Launchen ist so auch SEHR anstrengend. So viele Wochen lang ist man voll mit Werbung und Kommunikation beschäftigt… und man weiß als Verkäufer nicht, bis auf die letzten paar Tage, ob überhaupt jemand teilnehmen wird!

Tja, da feuert der psychologische Druck dann leider zurück.

Inzwischen kenne ich einige, die einen „Frühbucher“ anbieten beim Launchen. Wer sich früher für die Teilnahme entscheidet, erhält einen Vorteil, entweder etwas extra als Bonus, oder einen Rabatt. Auch das zieht gut, und entlastet dich als Verkäufer enorm.

Finde ich sehr ok unter den „beeinflussenden“ Strategien 🙂 Hier entsteht ja tatsächlich auch kein einseitiger, sondern ein beidseitiger Vorteil.

Und am Rande bemerkt: wenn du ein Thema hast, was die Leute wirklich interessiert, wo es einen Bedarf gibt, dann werden auch deine Artikel oder YouTube-Videos „von allein“ gelesen oder angesehen.

Weshalb du hier hinein, in die Recherche dessen, was nachgefragt wird, meines Erachtens nach die größte Energie geben solltest. Dann musst du gleich weniger manipulieren…

 

Preise „verankern“

Ein sehr alter Hut unter den „Tricks“, aber immer noch sehr oft zu finden – und durchaus nützlich – ist das Verankern von Preisen.

Beispiel: du willst einen Kurs für 900€ verkaufen. Psychologisch ein ganz guter Preis, weil noch unter 1.000€ und damit unterhalb einer bestimmten Grenze. (Die nächste beliebte Zahl ist übrigens 1.400€ und ab 2.000€ ist auch wieder so eine psychologische Schwelle… bei Anfängern sind es oft 190€, z.B. für deinen ersten Kurs.)

Jedenfalls: 900€ soll dein Preis sein, dann ist das beim Ankern auf keinen Fall die Zahl, die du zuerst nennst, sondern eine deutlich höhere, z.B. 2.000€ oder 5.000€.

Vielleicht hast du schon einmal Online-Verkaufsveranstaltungen gesehen, in denen sie dir X Dinge aufzählen, die alle im aktuellen Produkt angeblich als Wahnsinns-Bonus enthalten sind, und dann wird ein riesiger Wert daneben geschrieben. Das ist drin und das und das noch, und das alles hätte ja einen Wert von z.B. 12.370€.

Diese Zahl ist wahrlich völlig fiktiv und irgendwie auch frei erfunden. Besonders bei erstellten Online-Kursen gibt es ja nie einen fixen Wert, den das real so hat, der Wert wird vom Verkäufer frei definiert.

Die höhere, zuerst genannte Zahl dient einfach nur dazu, um deinen echten Preis viel günstiger aussehen zu lassen! Egal, ob du nun 12.370€ oder 5.000€ oder 2.000€ sagst. Danach wirken 900€ immer irgendwie günstig. Es funktioniert bei mir auch, obwohl ich darum weiß. Es wirkt teils wie ein Schnäppchen! Viel mehr, als wenn du einfach nur 900€ ankündigst.

Solltest du also z.B. in einem Webinar 3 Pakete verkaufen, 3 Varianten deines Angebotes, dann solltest du nach dieser Idee immer zuerst das teuerste nennen.

Das Ganze funktioniert sogar, wenn du fremde Preise irgendwie vorher nennst. Zuerst eine hohe Zahl, danach wirkt die echte einfach kleiner. Die Hemmschwelle, das auszugeben, sinkt dadurch mit.

 

Mehrere Angebote nennen – die Mitte gewinnt oder eins ist besser

Klassischerweise werden oft 3 Varianten eines Angebotes gezeigt. Mit verschiedenen Preisen und verschiedenem erweitertem Inhalt.

Die Mitte wird bevorzugt

Man weiß einfach, aus sehr vielen Tests, dass die Menschen immer zur Mitte neigen. Man will eigentlich nicht das ganz billige, aber das ganz teure auch nicht. In der Mitte kann man weniger falsch machen. Da fühlen wir uns sicher.

Also: Was du verkaufen willst, das setze in die Mitte. Du kannst es auch leicht teurer machen als die mathematische Mitte. Oder du verkaufst nur EIN Ding, wahlweise.

Was ich NICHT empfehlen kann: Sehr viele Einzelkomponenten anbieten, und die Teilnehmer sollen einzeln ihre Module auswählen! Man denkt, das sei für den Kunden optimal. Die Forschung zeigt, dass dies anstrengend ist, und anstrengend wird gemieden. So verkaufst du immer schlechter.

Ist das manipulativ oder nicht? Kann man so nicht sagen. Auf jeden Fall kannst du Kaufentscheidungen beeinflussen und wirst auch selbst eher zur Mitte neigen.

Eins ist besser

Auch interessant: du kannst eines von 3 Angeboten auffallend besser machen. Es gibt irgendeinen deutlichen Vorteil, irgendwie mehr Inhalt – und dafür ist es nicht sehr viel teurer (das ist wichtig). Das soll dein Kunde aber selbst entdecken. Dann wird er eher das wählen! Oder eben du… ein bisschen getrickst. Aber nicht wirklich schlimm, oder?

 

Sonderangebote

Sonderangebote sind sehr oft nicht echt. Das Produkt war gar nicht teurer oder wurde extra günstig hergestellt, oder bei Online-Kursen wird es frei erfunden.

Natürlich nicht immer. Das Sonderangebot ist DER Klassiker, nicht immer manipulativ, aber im Grunde regt auch dies dazu an, hier das „Schnäppchen“ nicht verpassen zu wollen und es ist ja zeitlich limitiert.

 

Was wir von der Manipulation im Marketing lernen können: was du unbedingt tun solltest…

Ob und was wir davon nutzen wollen, da liegt die Hemmschwelle bei jedem anders. Von der High-Price-Masche halte ich nun wirklich gar nichts, wer nichts zu bieten hat, ist für mich kein Unternehmer.

Vom bisschen Tricksen mit 3 Angeboten sage ich: warum nicht?

Ich persönlich bin ein Fan von den „Frühbucher“-Aktionen. Meiner Ansicht nach gibt es mir als Anbietendem viel mehr Sicherheit, und der andere bekommt dadurch einen positiven Mehrwert. Bei Reisen ist das natürlich der Standard.

Jetzt gibt es unter uns Herzmenschen viele, die ehrbarer Weise sagen: ich will einfach nicht manipulieren! Gut so.

Jetzt kommt aber das Gegenstück dazu: oft sehe ich dann Wissenschaftlichkeit als Argument oder ganz viel aufgelisteten Inhalt oder eine Methoden-Beschreibung.

Und hier kommt der Punkt, den es für uns alle zu lernen gilt, also ACHTUNG, und Hirn und Herz auf: Manipulierendes Marketing arbeitet eindeutig stark mit Emotionen. Die Angst, etwas zu verpassen, Gier, die heimliche Freude ein Schnäppchen zu machen, im extremsten Fall bewusster Druckaufbau.

Emotionen weg lassen ist keine Lösung!

Die Lösung heißt jetzt aber NICHT, sich auf Wissenschaftlichkeit oder lauter rationale Punkte oder auch reine Anleitungen „wie geht was“ zurück zu ziehen! Denn oft ist hier die Präsentation sehr un-emotional. Und genau dann: funktioniert es nicht.

Du erreichst die Menschen so nicht. Was ist die Antwort, wenn du nicht manipulieren willst? Nutze Emotionen. Aber die Positiven oder zumindest jene, die demjenigen klar vor Augen führen, warum er bei dir richtig ist. Nutze deine echte Menschenkenntnis.

Ich habe spirituelle Coaches gesehen, die waren so in sich ruhend und so intensiv, ich habe nicht mal gehört, was sie genau gesagt haben – aber ich habe diese Ruhe und Kraft gespürt. Ja, und genau das will ich auch haben!

Ich kenne eine Marketing-Kollegin, die hat ein Sprechtempo, da kommt keiner mit und noch dazu wirft sie mit englischen Fachbegriffen um sich – aber sie hat eine SOLCHE Energie und ich sah sie auf einer Messe (gut, sie ist extrovertiert…) einen Vortrag halten, und 30 Teilnehmerinnen standen wie gebannt da und folgten ihr sogar aus dem Saal, als sie fertig war!

So viel Begeisterung war einfach komplett überschwappend. Auch ich war völlig mitgerissen. Es war interessanterweise nicht so wichtig, was genau sie erzählt hat, auch wenn ich das für mich gut übersetzen konnte. Sie ist übrigens topp und kennt sich WAHNSINNIG gut aus.

Ich will damit jetzt nicht sagen, deine Inhalte wären nicht wichtig. Du kannst z.B., das ist wirklich hilfreich, mal darstellen, was du für die Leute bewirken kannst. Was WÜNSCHT sich ein Kunde von der Arbeit mit dir?

Deine persönliche Energie und deine Emotionalität sind aber allem voran ENTSCHEIDEND!

 

Ein paar Beispiele zum Schluss – konkreter Hinweis für dich

Beispiel Paarcoaching: das Paar wünscht sich eine harmonische Beziehung ohne ständigen Streit und eine Möglichkeit, ihre Konflikte endlich auf der Sachebene auszutragen, ohne diese tiefen gegenseitigen Verletzungen. Beide möchten ihre Bedürfnisse verstehen, Wertschätzung erfahren, und endlich glücklich werden. Dazu möchten sie überhaupt erstmal wieder miteinander ins Gespräch finden. Sie möchten raus aus Entfremdung und Misstrauen.

Allein das so mal hinzuschreiben, wäre doch schon schön. Wie FÜHLT sich dein Kunde aktuell, was ist das Problem? Was FÜHLT er, wo er hin will? Oder sie?

Es ist übrigens besonders hilfreich, die aktuelle Situation zu spiegeln. Manche scheuen davor zurück, weil sie sagen, sie wollen nicht „über den Schmerz verkaufen“. Du sollst über den Schmerz auch nicht verkaufen, sondern über die Wünsche, aber wenn du demjenigen nicht spiegelst, wie er sich FÜHLT, wie soll er erkennen, dass du ihn verstehst?

Z.B. hat folgender Satz wirklich Wunder gewirkt auf einer Website, auch zum Thema Paarcoaching: „Wir können dein Rettungsanker für die Familie sein“. Da hat jemand Angst, dass seine Familie auseinander bricht! Das darfst du schon mal benennen!

Und manche wirklich ehrbaren Coaches, die „professionell“ und nicht-manipulierend sein wollen, schreiben dann stattdessen Texte wie:

„Mit neuro-wissenschaftlich fundierten Methoden und systemischen Aufstellungen nach Prof. XY widme ich mich deinen Themen. In jahrzehntelanger Forschung wurde deren Wirksamkeit bewiesen…“ u.s.w.

 

Was geht im Kopf bzw. im Herz deines Empfängers vor?

Wir stellen uns eine verzweifelte Frau vor, die sich Sorgen um ihre Kinder macht und ihr Partner ist fremdgegangen. Sie liest: „Rettungsanker für die Familie“. Ja, fühlt sie, das sucht sie! Sie liest weiter „raus aus Entfremdung und Misstrauen“. Oh ja! Das wünscht sie sich! „Endlich wieder ohne Streit miteinander reden…“ Super! Sie ist drauf und dran, sich bei dir zu melden.

Und wie ist das, wenn sie liest: „neuro-wissenschaftlich fundiert, systemische Aufstellung“. Sie versteht nur Bahnhof. Was ist eine systemische Aufstellung?? Was hilft ihr die Neurowissenschaft, sie braucht Hilfe, keinen Theoretiker!

Dann kommt der gute Professor XY, den kennt sie nicht, seine Theorien auch nicht… nein, hier wird sie nicht gesehen… Und ob nun angeblich irgendjemand bewiesen hat, dass das wirkt, ist ihr sehr egal, denn sie versteht nicht einmal, wovon die Rede ist… Wird sie sich melden? NEIN!

Schau, und genauso sind aber leider unglaublich viele Coaches unterwegs. Sie glauben immer wieder, dass Methoden und die Autorität der Wissenschaft überzeugende Argumente seien… das klappt nicht!

Es erreicht die Herzen nicht. Das ist nur Ratio. So entscheiden wir aber nicht.

 

Widerspiegeln ist einer der großen Schlüssel: verstehe deine Kund*innen!

Zu allgemein klappt auch nicht… Im Grunde steht auf hunderten Websites von Coaches, dass ich mehr Klarheit, mehr Fokus, mehr Energie bekomme. Klingt schon ganz gut. Aber wann brauche ich das?

Ich selbst hätte damals dringend einen Coach gebraucht, und habe mich so gefühlt oder soweit konnte ich mich wahrnehmen, pass auf:

„Ich habe ständig Kopfschmerzen. Medizinisch können sie aber nichts feststellen. Ich bin oft so erschöpft, und weiß eigentlich gar nicht, wovon. Irgendwie ist mein Job so öde… ich glaube, ich bin kurz vor dem Abkippen in eine depressive Phase. Wem kann ich nur davon erzählen? Ich schäme mich irgendwie, ich möchte doch Leistung bringen. Aber ich kann nicht mehr. Ich will nicht zum Psychiater und nur irgendwelche Psychopharmaka verschrieben bekommen. Aber sonst kenne ich keine Anlaufstellen…“.

Schau, so ging es mir! Wenn das mal damals ein Coach so hin geschrieben hätte auf seine Website, ich hätte erkannt, dass der mir vielleicht helfen kann! Bei den Coaches, die mir begegneten, stand aber nie, wie ich mich fühlte.

Da stand irgendwas von WingWave oder Aufstellungen oder dass ich mehr Klarheit bekomme. Passt nicht zu meinem Problem, oder? Ich hab doch Kopfschmerzen wo die Ärzte nix finden und bin erschöpft, kannst du mir damit konkret helfen? (Ich weiß – in Deutschland gibt es eine große Debatte um Heilversprechen, die du so nicht geben kannst. Aber Erschöpfung und ein paar Symptome kann man schonmal nennen. Ggf. benötigst du eine passende Zusatzausbildung).

KONKRETE Gefühle und KONKRETE Wiederspiegelungen sind ein absoluter Türöffner.

HEUTE weiß ich, dass Coaching hier hilft. Aber anhand der Kommunikation von Coaches habe ich damals leider nicht begriffen, dass die für mich da gewesen wären. Schade.

Die beste „Rechtfertigung“ für dich ist, wenn deine Interessenten sich VERSTANDEN fühlen! FÜHLEN. Wenn sie sehen, dass du ihre Gedanken und Gefühle kennst. Das ist das Wunder und die Magie emotionaler Texte.

Coaches, ihr seid toll und wertvoll. Sobald ihr lernt, die Herzen eurer Kund*innen zu erreichen, und euch verständlich zu machen, werdet ihr wahrhaft helfen können 🙂

 

Und das ist mein Fazit zu Manipulation und zu Überzeugen

Manipulation brauchst du nicht.

Gefühle schon, wenn du von dir gern positiv überzeugen möchtest. Wenn du die Emotionalität raus nimmst und nur mit dem Kopf deines Gegenübers redest, hilft es leider wenig.

Manipulation arbeitet tatsächlich über Druck und Ängste – arbeite du intensiv mit allen positiven „Schwingungen“, aber vergiss dabei auch nicht das Widerspiegeln.

Was denkst du dazu? Was ist für dich selbst vertretbar, was nicht? Was davon hast du an Manipulation schon irgendwo gesehen?

Schreibst du deine Texte noch rational – oder bewegst du schon die Herzen? 🙂

Liebe Grüße – Deine Anja

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2 Gedanken zu „Manipulatives Marketing – worauf es basiert, wie du dich schützt – und was du davon lernen kannst

  1. Gabriela sagt:

    Das ist ein hervorragender Artikel. Ich hatte vorgestern so ein Gespräch. Es ging um einen Onlinekurs. Sollte plötzlich drei kaufen statt einen – „Paket“. Ich habe nein gesagt und blockiert. Ich fühle mich immer noch schlecht, 30 Min Lebenszeit des Verkäufers „vergeudet“ zu haben, aber es hat sich einfach falsch angefühlt. Es wird die Zeit kommen, wo alle schon abgeschreckt sind von dem Wort „Erstgespräch“.

  2. Chris sagt:

    Liebe Anja,

    Dein Fazit spricht wichtige Aspekte an, die auch in meinem Artikel „Werbepsychologische Ansätze in Alkoholpräventionskampagnen für Jugendliche“ eine zentrale Rolle spielen:

    https://chriseo.de/artikel/werbepsychologische-ans%c3%a4tze-alkoholpr%c3%a4ventionskampagnen-jugendliche-kritische-analyse-christopher-h%c3%bcneke

    Es geht darum, wie Emotionen ohne manipulative Absichten eingesetzt werden können, um Jugendliche aufzuklären und positiv zu beeinflussen.

    Du betonst zu Recht, dass Echtheit und das Ansprechen von positiven Emotionen essenziell sind, um Menschen zu bewegen und nicht zu manipulieren. In meinem Artikel wird untersucht, wie solche Ansätze effektiv in Präventionskampagnen integriert werden können, indem sie informieren und gleichzeitig empowernd wirken, ohne Druck oder Angst zu erzeugen.

    Zum Thema Manipulation: Tatsächlich sehe ich oft, dass gerade im Marketing für gesundheitsbezogene Themen wie Alkoholprävention die Grenze zwischen Überzeugen und Manipulieren fließend ist. Hier ist es entscheidend, eine klare ethische Linie zu ziehen, um die Zielgruppe zu respektieren und zu stärken statt sie auszunutzen.

    Ich denke, es ist immer eine Herausforderung, die Herzen der Menschen zu erreichen, ohne ihre Köpfe zu umgehen. Deine Fragen inspirieren dazu, sowohl als Forscher als auch als Bürger immer wieder kritisch zu reflektieren, wie unsere Kommunikation gestaltet ist. Möchten wir manipulieren oder wirklich zum Nachdenken und positiven Handeln anregen?

    Herzliche Grüße,
    Chris

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